Im Rahmen des Projektes „Handlungsleitfaden für Fußverkehrsstrategien (FVS)“ wurden insgesamt 49 Fachleute sowie Fachverbände-Vertreterinnen und -Vertreter
befragt. Darüber hinaus finden Sie eine kurze Erläuterung zur Durchführung dieser Befragung.
Zeitlich parallel wurde eine Befragung von interessierten Bürgerinnen und Bürgern (Gehende) mit den gleichen Fragestellungen durchgeführt und hier dürfte auch die zusammenfassende und vergleichenden Betrachtung der beiden Befragungen von Interesse sein.
Die Frage: Was sind Ihrer Meinung nach die herausragenden Vorteile des Fußverkehrs für die Gemeinden und ihre Einwohner?
Es wurden 30 Stichworte genannt (bei insgesamt 165 Nennungen) die in der Auswertung in sechs Gruppen zusammengestellt wurden:
Die Frage: Was sind Ihrer Meinung nach die wesentlichen fußverkehrsrelevanten Themenstellungen, die in einer Fußverkehrsstrategie einer Gemeinde enthalten sein sollten?
Es wurden 63 Stichworte genannt (bei insgesamt 154 Nennungen) die in der Auswertung in sechs Gruppen zusammengestellt wurden:
Die Frage: Was waren bisher Ihrer Meinung nach die wesentlichen Hemmnisse gegen eine strategische Förderung des Fußverkehrs, durch die die Entwicklung in Deutschland im Gegensatz zu anderen Staaten wie z.B. der Schweiz oder Österreich so ins Hintertreffen geraten ist?
Es wurden 26 Stichworte genannt (bei insgesamt 101 Nennungen) die in der Auswertung in fünf Gruppen zusammengestellt wurden:
Die Frage: In Deutschland sind im Gegensatz zu einigen anderen Staaten bisher alle Initiativen für einen bundesweiten Masterplan für den Fußverkehr gescheitert. Im Gegensatz zu mittlerweile zahlreichen Kommunen in Europa verfügen bisher auch nur recht wenige Städte in Deutschland über strategische Ansätze zur Förderung des Fußverkehrs. Wir gehen davon aus, dass Sie der Förderung des Fußverkehrs grundsätzlich zustimmen. Welche […] strategischen Vorgehensweisen würden Sie idealistisch oder pragmatisch den Vorzug geben?
Es folgten für die Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene jeweils zwei bis drei Möglichkeiten der Vorgehensweise (Mehrfachnennungen waren möglich).
Einen eigenständigen Nationalen Fußverkehrsplan hält die eindeutige Mehrheit der Befragten mit immerhin 88 % für sinnvoll, aber ebenso einen Nahmobilitätsplan (78 %). Eher ambivalent hat das Drei-Säulen-Modell abgeschnitten mit 63 %, die es für sinnvoll hielten und 29 %, die es ablehnten. Bezieht man die sehr geringe Ablehnungsquote von 8 % mit ein ist der eigenständige Nationale Fußverkehrsplan, betrachtet man die hohe Prioritätensetzung von 47 % ist allerdings der gemeinsame Nationale Nahverkehrsplan Favorit.
Auch auf Landesebene wird eine eigenständige Fußverkehrsstrategie mit 74 % befürwortet und wird mit der Prioritätensetzung von 29 % sowie der geringen Ablehnungsquote von 14 % offensichtlich für eine sinnvolle Vorgehensweise gehalten. Die Einrichtung von Nahverkehrs- oder Nahmobilitätsbeiräten wird mit 69 % ebenso von der Mehrheit begrüßt, was der ersten Aussage nicht widerspricht, sondern eher als Ergänzung verstanden werden kann. Dennoch haben sich auch knapp 70 % für eine gemeinsame Fuß- und Radstrategie auf Landesebene ausgesprochen, allerdings bei einer recht hohen Ablehnungsquote von ca. 22 %.
Auf der kommunalen Ebene ist die Empfehlung nicht so einfach: Zwar befürworteten 92 % der Beteiligten eine gemeinsame Nahverkehrskonzeption, doch haben sich auch 80 % für eine eigenständige Fußverkehrsstrategie und 77 % für eine gemeinsame Strategie zur Förderung des Fuß- und Radverkehrs ausgesprochen. Eine eigenständige Fußverkehrsstrategie wurde allerdings öfters in Priorität gesetzt und erhielt mit 51 % den höchsten Wert aller acht Antwortoptionen der verschiedenen administrativen Ebenen. Die Prioritätensetzung war bei der gemeinsamen Fuß- und Radverkehrsstrategie am geringsten und die Ablehnungsquote am größten. Es kann also gesagt werden, dass auch hier wie auf Bundesebene eine eigenständige Fußverkehrsstrategie und eine gemeinsame Nahverkehrskonzeption am stärksten befürwortet wurden.
Die Frage: Sollten Fuß- und Radverkehr auf kommunaler Ebene eher gemeinsam betrachtet und angegangen werden oder getrennt?
Es gibt drei Ansichten zur Vorgehensweise bei der Förderung der Mobilität mit eigener Muskelkraft, welcher würden Sie eher zustimmen:
Zu dieser Fragestellung gab es kein ganz eindeutiges Votum durch die Befragten, aber für die aktuelle Vorgehensweise dann doch eine Mehrheit (ca. 57 %) für eine erst einmal eine getrennte gegenüber ca. 29 % für eine grundsätzlich gemeinsame Vorgehensweise. Nur etwa 1/5 der Beteiligten ist der Ansicht, dass Fuß- und Radverkehr stets getrennt betrachtet werden sollten, da sie sehr unterschiedliche Ansprüche haben. Immerhin 14 % der Beteiligten konnten sich offensichtlich nicht entscheiden.
Wo Nachfragen möglich waren, kristallisierte sich eine deutlichere Neigung für folgende Vorgehensweise heraus: In Fragen der Strategieentwicklung sollte für den Fußverkehr erst einmal ein eigenes Gremium wie z.B. ein Beirat gebildet; bei der Planung von Infrastrukturmaßnahmen sollte dagegen der Umweltverbund integrativ bearbeitet werden. Diese Ansicht vertraten auch zahlreiche Befragte bei den Verbände-Interviews und Fachgesprächen. Zusammenfassend kann gesagt werden, dass wohl die Auffassung vorherrscht, dass es sinnvoll ist, Strategien zur Förderung des Fußverkehrs zu entwickeln, diese aber mit den anderen Verkehrsarten intensiv zu verknüpfen.
Die Befragungen von Fachleuten und Verbändevertreterinnen und Vertretern wurden am 14. April 2016 im Rahmen einer Kick-off-Veranstaltung zur Europäischen Mobilitätswoche EMW des Umweltbundesamtes UBA gestartet. Die für diesen Zweck erarbeiteten Fragestellungen an Interview-Partnerinnen und Partner, die ebenfalls an der Veranstaltung teilnahmen, wurden danach für Fachleute zur besseren Vergleichbarkeit bewusst nicht mehr verändert, obwohl die ersten Fragestellungen nach der Zuordnung der Fußverkehrsförderung für einige der Befragten schwer zu beantworten war. Für die Beteiligung an der Fachbefragung wurde lediglich in der mobilogisch! und im FUSS e.V.-Newsletter geworben. Die Internet-Befragung wurde zum 30. November 2016 beendet, bis dahin hatten sich 49 Personen beteiligt. (davon 32 männlich, 15 weiblich und 2 ohne Angabe).
Von den Beteiligten waren 32 männlich (knapp 65 %) und 15 weiblich (ca. 31 %, zwei Personen ohne Angabe) und dies stellt für eine Fachbefragung im Verkehrsbereich einen ungewöhnlich hohen Anteil von weiblichen Beteiligten dar. Demgegenüber war die Altersstruktur unausgewogen, da der Anteil jüngerer Beteiligter sehr gering war. Der Altersdurchschnitt lag bei ca. 47 Jahren. Um auch die Meinungen von jüngeren Fachleuten einzubinden, wurden gesonderte Befragungsformate angewandt, die unter www.junge-leute-zu-fuss.de zusammengestellt sind.
Bei den drei offenen Fragestellungen (Vorteile + Themen + Hemmnisse) wurden insgesamt 119 Stichworte bei 420 Nennungen eingebracht. Hinter den Stichworten ist die absolute Zahl der Nennung in Klammern vermerkt. Die Antwortgruppen wurden bei der Auswertung festgelegt, wobei Überschneidungen nicht zu vermeiden waren.
Bei den sehr differenzierten geschlossenen Fragen (Umsetzung der strategischen Förderung auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene + Fuß- und Radverkehr) war erkennbar, dass sich die Befragten teilweise etwas schwer getan haben mit dieser gar nicht so einfachen Entscheidung. Verwechselt wurde mitunter, dass sich die Fragestellung auf die Strategieentwicklung bezog und nicht auf das Verfahren der Umsetzung von Infrastrukturmaßnahmen.
Weitere Fachkreise wurden gesondert angesprochen so z.B. über die Verbände-Interviews und Fachgespräche mit maßgeblichen Vertreterinnen und Vertretern von Fachverbänden sowie über die Fachbefragung Mobilität junger Menschen und von Kindern.
*) Die Kurzbegriffe „Planende“ und „Gehende“ sind etwas willkürlich, weil auch alle „Planende“ Gehende sind und einige der „Gehenden“ möglicherweise in Stadtteilinitiativen oder Verbänden auch mitunter planen. Obwohl die beiden Formulare auf der Website auf getrennten Pfaden aufzurufen waren, haben sich dann doch „Gehende“ bei den Angaben zur Person als Fachleute geoutet und umgekehrt. Es war also keine ganz sichere Trennlinie zu ziehen.